Die Phasen der Trauer

Allgemein
Die Phasen der Trauer - Trauerpraxis Sonja Russ

Wie wir trauern, ist individuell unterschiedlich. Ähnlich sind aber die Phasen, durch die Trauernde gehen. Vielleicht kennen Sie das Modell von Elisabeth Kübler-Ross, in dem sie erläutert, wie Sterbende Abschied nehmen: Es wurde Ausgangsbasis für die wissenschaftliche Annäherung an das Thema Trauerbewältigung und ist auch Grundlage für das bekannte Modell der Psychotherapeutin Verena Kast, das von vier Trauerphasen ausgeht:

Phase 1: Nicht-Wahrhaben-Wollen

Diese Phase ist verbunden mit dem Gefühl des Erstarrens, das eintritt, wenn wir von einem Verlust erfahren: Wir wollen den Abschied nicht wahrhaben oder haben vielleicht den Eindruck, „nichts“ zu fühlen. Die Phase kann kurz währen, bei unvorhergesehenen Verlusten aber auch länger dauern.

Phase 2: Aufbrechende Emotionen

Wut, Zorn, Schmerz, Traurigkeit und Angst – starke Gefühle bestimmen die zweite Trauerphase. Daneben treten häufig Zweifel und Schuldgefühle auf den Plan: Die Frage nach der eigenen Rolle und die Beziehung zur verlorenen Person werden zentraler. Wie lange die Bewältigung der Phase dauert, ist abhängig davon, ob wesentliche Themen und Konflikte zwischen trauernder und verlorener Person unbearbeitet geblieben sind.

Phase 3: Suchen & Sich-Trennen

In dieser Phase versuchen wir den verlorenen Menschen im Vorhandenen wiederzufinden: Oft zieht es zu Erinnerungsorten oder -stücken, aber auch innere Zwiegespräche sind häufig Bestandteil dieser Phase. Ist sie erfolgreich bewältigt, können wir uns mit dem Verlust aussöhnen und schließlich sogar neue Bindungen eingehen.

Phase 4: Neuer Selbst- & Weltbezug

Die vierte Phase führt schließlich zur Akzeptanz des Verlustes. Die verlorene Person bleibt zwar in Gedanken präsent, der Trauernde kann aber wieder Pläne schmieden und neue Facetten des Lebens erkennen.

Natürlich laufen diese Phase nicht linear ab: Das Modell, das heute auch kritisch betrachtet wird, ist aber ein brauchbares Instrument, um sich selbst verorten und das eigene Erleben als Teil eines Prozesses begreifen zu können, in dem es mitunter auch Rückschläge gibt. Da Trauer nach keinem Schema oder fixem Zeitplan verläuft, ist es wichtig, den eigenen Gefühlen und ihrer Bearbeitung entsprechend Raum zu geben.

Wann macht es Sinn, Hilfe in Anspruch zu nehmen?

Auch diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Für die Bearbeitung eines Verlusts im Rahmen einer Trauergruppe ist es aber Voraussetzung, über den erfahrenen Schmerz sprechen zu können bzw. zu wollen. In einer akuten Schockphase ist dies häufig nicht der Fall.

Gerade wenn Emotionen und ungeklärte Konflikte mit der betrauerten Person aufbrechen, macht es aber jedenfalls Sinn, professionelle Begleitung durch den Trauerprozess in Anspruch zu nehmen. Welcher Rahmen dafür am besten geeignet ist, kann nur individuell bestimmt werden. Ich berate dazu gerne.